26. Januar 2021 Literatur muss Thema in den öffentlich-rechtlichen Medien sein und bleiben!

Literatur muss Thema in den öffentlich-rechtlichen Medien sein und bleiben!

Pressemitteilung der Kurt Wolff Stiftung

 

Im Dezember 2020 lief – nach 30 Jahren – zum letzten Mal das „Bücherjournal“ im NDR Fernsehen. Ende Januar 2021 wird nun, wie gestern bekannt geworden ist, den freien Mitarbeiter:innen des WDR mitgeteilt, dass die täglichen Literaturrezensionen auf WDR 3 ersatzlos entfallen. Weitere Streichungen von Sendeplätzen, auf denen Literatur und literarisches Leben besprochen werden, sollen bereits in den öffentlich-rechtlichen Medien diskutiert werden, hört man.

All das ist ein unerhörter Skandal. Auch wenn bekannt ist, dass in den Sendern gespart werden muss, so kann es nicht angehen, dass unter diesen Sparmaßnahmen immer und vor allem die Kultur leidet, und in besonderem Maße die Literatur.

Die Bibliodiversität, das fragile Gleichgewicht der kulturellen Kräfte auf dem Buchmarkt, ist bereits seit Jahren bedroht durch immer stärkere Konzentrationsbewegungen im stationären wie im Online-Handel. Dass nun aber der Literatur gewissermaßen ihre Existenzberechtigung entzogen wird – von Sendeanstalten mit verfassungsrechtlich verankertem Bildungs- und Kulturauftrag – ist nicht hinnehmbar!

Eine demokratische Gesellschaft versichert sich ihrer selbst immer wieder durch den Austausch von Gedanken, einen wesentlichen Anteil daran haben Bücher.

Bekanntlich veröffentlichen Politikerinnen und Politiker, wenn sie sich Gehör verschaffen wollen, keine Fotos, Pop-Songs oder Filme, nein, sie alle publizieren Bücher. So entfalten sie Wirkung. Und gleichermaßen wirken Bücher auch als kritisches Gegengewicht zu den herrschenden Kräften, man denke nur an die vielen, sehr erfolgreichen Enthüllungsbücher über das Vorgehen Donald Trumps.

In Romanen, Gedichten oder Erzählungen wiederum wird das Verhältnis der Menschen untereinander und zu sich selbst thematisiert oder ihr Platz in ihrer Umwelt, so etwa in der Natur. Die enorme gesellschaftliche Bedeutung von Kinder- und Jugendliteratur zu betonen, sollte in Zeiten der Corona-Pandemie nun wirklich nicht nötig sein!

In ihren Festtagsreden betonen Intendantinnen und Intendanten immer wieder, wie sehr ihnen an kultureller Vielfalt gelegen ist und wie sehr sie für eine offene, demokratisch verfasste Gesellschaft einstehen, die sich ihrer selbst bewusst ist. Wir fordern, dass sie endlich danach handeln und folglich der Literatur jenen Platz einräumen, der ihr gebührt.

 

Leipzig, 26.01.2021

Der Vorstand der Kurt Wolff Stiftung

Britta Jürgs (Vorsitzende), Leif Greinus, Jörg Sundermeier